Mischsystem
Das klassische, traditionelle Mischsystem weist einen zentralen Mischwasserkanal auf, in den bei Trockenwetter das häusliche und industrielle Abwasser eingeleitet wird. Bei Regen werden auch alle Abflüsse von Straßen und Dächern dort hineingeleitet. Oft unvermeidbar ist außerdem ein mehr oder weniger großer Zufluss von klarem Fremdwasser aus Hausdrainagen und Kanalleckagen. Der Mischwasserkanal führt zur Kläranlage. Da jedoch bei Regen deren Ausbauabfluss stark überschritten wäre, sind Regenentlastungsanlagen zur Mischwasserbehandlung erforderlich, speziell Regenüberlaufbecken als Fangbecken oder Durchlaufbecken.
In den meisten bestehenden Kanalnetzen findet sich das Mischsystem aus historischen Gründen, und zwar in Süddeutschland in größerem Umfang als in Norddeutschland.
Im Mischwasserkanal lagern sich bei Trockenwetter gerne abwasserbürtige Stoffe wie Fäkalien und Toilettenpapier ab, die dann bei Regen infolge der hohen Abflussdynamik wieder aufgewirbelt werden. Dadurch kann sich besonders zu Beginn eines Regenereignisses und besonders in kleinen Einzugsgebieten ein Spülstoß mit besonders starker Schmutzkonzentration ausbilden. Eine Hauptverschmutzungsquelle im Mischsystem sind also Kanalablagerungen. In diesen Fällen bietet sich das Anordnen eines Fangbeckens an.
Ein Neubau von Mischsystemen ist nach Wasserhaushaltsgesetz WHG (2010) künftig in der Regel nicht mehr zulässig, weil ein Vermischen unterschiedlich stark verschmutzten Abwassers vermieden werden soll. Da aber die großen bestehenden Mischsysteme schon aus wirtschaftlichen Gründen künftig weiterbetrieben werden müssen, gilt es heute, die Systeme und Bauwerke zu optimieren und bei Bedarf zu sanieren, um die Gewässerbelastung insgesamt zu minimieren. Eine wichtige Rolle spielt dabei heute die Schmutzfrachtberechnung, mit der die Wirkung hintereinandergeschalteter Regenüberlaufbecken wie auch anderer Maßnahmen zur Mischwasserbehandlung erfasst und rechnerisch berücksichtigt werden können. Unterstützend werden auch alternative Maßnahmen angewandt, speziell eine Konversion in modifizierte Mischsysteme durch Abkoppelung undurchlässiger Flächen vom Mischwasserkanal, und zwar vor allem solcher mit nur geringer Verschmutzung. Das Regenwasser von solchen Oberflächen kann vor Ort versickert werden.
Autor: G. Weiß · Revisionsstand: 04.11.2020