Schmutzfrachtberechnung
Eine Schmutzfrachtberechnung ist ein rechnerisches Modell, welches den Regen-, Schmutz- und Fremdwasserabfluss in einem Kanalnetz in ihrem zeitlichen Verlauf simuliert. Schmutzfrachtberechnungen werden als Nachweisverfahren nach ATV-A 128 oder DWA-A 102 vor allem zur Dimensionierung von Regenüberlaufbecken im Mischsystem eingesetzt. DWA-A 102 empfiehlt bzw. fordert auch für einige Bauwerke des Trennsystems (z.B. Regenklärbecken und Schrägkläreranlagen mit spezieller Betriebsweise) einen Nachweis per Simulation. Anforderungen an Schmutzfrachtberechnungen sind im DWA-Merkblatt DWA-M 165-1 formuliert. Es gibt einige kommerzielle Schmutzfrachtmodelle, z.B. KOSIM oder SMUSI.
Wir sprechen von einer stadthydrologischen Studie, wenn die Schmutzfrachtsimulation mit weiteren Teilfragestellungen (z.B. zur Wirtschaftlichkeit der untersuchten Varianten oder zur Gewässerbelastbarkeit) kombiniert wird. Auch alternative Entwässerungssysteme und Maßnahmen wie Entsiegelung können mitberücksichtigt werden.
Es gibt Schmutzfrachtberechnungen, die für die Abflussmodellierung hydrodynamische oder aber vereinfachte hydrologische Ansätze verwenden. Im ersteren Fall sind der Aufwand zur sachgerechten Gewinnung der Ausgangsdaten größer und auch die Rechenzeit naturgemäß länger.
Als Niederschlagsbelastung werden in der Regel gemessene oder synthetische Langzeitregenreihen (z.B. 30 Jahre in 5-Minuten-Zeitschritten) verwendet, deshalb wird auch der Begriff Langzeitsimulation verwendet. Das Gesamteinzugsgebiet wird gemäß der Anordnung der Sonderbauwerke auf Teilgebiete mit zwischengeschalteten Kanalstrecken und Bauwerken aufgeteilt, in der Regel als Grobnetz. Abflussbildung und -konzentration auf den Teilflächen wird mit hydrologischen Ansätzen nachgebildet. Auch die Abflussverzögerung in langen Kanalhaltungen kann nachgebildet werden. Füllen, Entleeren und Überlaufen der Regenbecken und Regenüberläufe werden hydraulisch berechnet (Seeretention). Schließlich werden die berechneten Abfluss- und Schmutzflussganglinien an den Entlastungen aufintegriert und ergeben die Jahresentlastungsvolumina in m³/Jahr und Jahresentlastungsfrachten in kg/a. Als Schmutzparameter dient nach ATV-A 128 der CSB, nach DWA-A 102 auch die AFS63. Auch die rechnerische Entlastungsdauer und -häufigkeit können angegeben werden.
Ein Nachweisverfahren nach ATV-A 128 für das Mischsystem erfordert zunächst die Bestimmung des Volumens eines fiktiven Zentralbeckens nach einem Formelkonvolut. Das Einzugsgebiet wird dann nur mit diesem einen fiktiven Becken modelliert und simuliert, das Ergebnis ist die zulässige modellspezifische CSB-Entlastungsfracht in kg/a. Nun wird das tatsächliche System mit allen vorhandenen und geplanten Bauwerken detailliert modelliert. Die Variante entspricht dann den Anforderungen, wenn die im detaillierten System mit demselben Modell und denselben Parametern berechnete Entlastungsfracht geringer als die modellspezifische Entlastungsfracht ist.
Für eine Planung genügt an sich die Simulation des Planungszustandes, wobei man dann aber in aller Regel nur anhand von Planunterlagen geschätzte Kennzahlen ansetzen kann (z.B. die versiegelte Fläche des Einzugsgebietes). Besser ist es, wenn zunächst der Istzustand erfasst und simuliert wird. Man kann dann anhand von aufgezeichneten Daten der Kläranlage und eventuell von Abflussmessdaten aus dem Kanalnetz und gemessenen Daten zur Überlaufdauer und -häufigkeit der Regenbecken das Rechenmodell kalibrieren. Der höhere Aufwand wird durch die bessere Prognosegenauigkeit wettgemacht.
Autor: G. Weiß · Revisionsstand: 26.11.2020