Entlastungsabfluss, Bestimmung
Zur Bewertung der Entlastungsaktivität eines Regenüberlaufbeckens im Mischsystem kann zusätzlich zur Überlaufdauer und -häufigkeit auch der Entlastungsabfluss und das jährliche Entlastungsvolumen bestimmt werden. Meist wird dazu die Beckenüberlauf- oder Klärüberlaufschwelle als Messwehr verwendet und mit einer sehr genauen Wasserstandsmessung durch Vergleich mit der Höhe der Wehroberkante die momentane Überfallhöhe bestimmt und aufgezeichnet. Unter Ansatz einer Wehrformel, etwa derjenigen nach Poleni mit dem wehrformabhängigen Beiwert µ (-> Beckenüberlauf), kann daraus der momentane Entlastungsabfluss und schließlich durch zeitliche Integration auch das in einem bestimmten Messzeitraum zum Abfluss gekommene Entlastungsvolumen bestimmt werden. Mehr dazu im Merkblatt DWA-M 181. Einige µ-Beiwerte sind in DWA-M 176 gezeigt, wobei diese für die hydraulische Berechnung zusammengestellt sind, daher Sicherheiten enthalten und nur bedingt zur Abflussbestimmung eingesetzt werden dürfen.
Das Verfahren ist aus physikalischen Gründen grundsätzlich fehleranfällig und ungenau. Häufige Fehlerquellen sind:
- Ungenaue Wasserstandsmessung, insbesondere auch Nullpunktsfehler (bei langen Wehrschwellen und kleinen Entlastungsabflüssen herrschen Überfallhöhen von nur einigen mm, die genau gemessen werden müssen)
- Unklare anzusetzende Q(h)-Kennlinie; der µ-Beiwert ist überdies nicht konstant, sondern überfallhöhenabhängig
- Nicht eindeutige Q(h)-Kennlinie durch Anhaften des Überfallstrahls und dadurch vor allem bei kleinen Überfallhöhen mehrdeutigen µ-Beiwert. Eine eindeutige Kennlinie liefert unser Tragflügelmesswehr UFT-FluidWing
- Längs des Wehres variable Überfallhöhe, vor allem bei großen Abflüssen. Hier wird in der Praxis oft eine in der Mitte des Wehres gemessene mittlere Überfallhöhe angesetzt. DWA-A 111 stellt eine Formel zur Berücksichtigung unterschiedlicher Überfallhöhen vor.
Bei einigen Regenüberlaufbecken werden am Beckenüberlauf selbstregulierende Entlastungsorgane eingesetzt, etwa die Biegeklappe UFT-FluidBend oder die Federstauklappe UFT-FluidFlap. Dort ist eine Wasserstandsmessung oft nicht sinnvoll, da solche Klappen sehr flache Kennlinie mit fast konstantem Wasserstand haben. Hier kann stattdessen ein Neigungswinkelgeber eingesetzt und aus dem Zusammenhang Q = f(Neigungswinkel) der Entlastungsabfluss bestimmt werden.
In einigen Fällen, etwa bei Vorhandensein von Rechen oder Sieben zum Grobstoffrückhalt oder von Klappen zur Rückstausicherung, bietet es sich auch an, in der Entlastungsleitung eine Abflussmesseinrichtung anzuordnen, etwa eine „Kanalmaus“ oder ein Venturi-Gerinne, z.B. unsere Parabelmessblende UFT-FluidVenturi.
Im Unterschied zu Entlastungsdauer und -häufigkeit benötigt man für eine Bewertung der gemessenen Entlastungsvolumina immer zusätzliche Daten (befestigte Fläche des Einzugsgebiets, Beckenvolumen, Drosselabfluss). Eine Bewertung ist mit folgenden Methoden möglich:
- Das Meißnersche Schätzverfahren (Baumann et al. 2017) basiert auf dem „Formelsalat“ nach ATV-A 128 und erlaubt die Bestimmung eines ungefähren Zusammenhangs zwischen Entlastungsdauer, -häufigkeit und Entlastungsvolumen und den Bemessungsdaten des Regenüberlaufbeckens
- Liegt eine Schmutzfrachtberechnung für den Istzustand vor, so ist auch hier ein Vergleich mit den berechneten jährlichen Entlastungsvolumina möglich. Allerdings ist bei diesem Vergleich zu beachten, dass die Regendaten in aller Regel nicht übereinstimmen.
Autor: G. Weiß · Revisionsstand: 09.02.2024
LITERATUR
Baumann, P., Lieb, W., Weiß, G. (2017): Regenbecken im Mischsystem: Messen, Bewerten und Optimieren. Stuttgart: DWA-Landesverband Baden-Württemberg. Praxisleitfaden für den Betrieb von Regenüberlaufbecken, Heft 13.
BayLfW (2024): Messeinrichtungen an Regenüberlaufbecken, Praxisratgeber für Planung, Bau und Betrieb. Überarbeitete Neuauflage. München: Bayerisches Landesamt für Umwelt. Bearbeitung: Gebhard Weiß, UFT.